Rechenzentrum mit MTP-basierter Verkabelung

Die Leistungsfähigkeit moderner IT-Infrastrukturen entscheidet längst über mehr als nur die Netzgeschwindigkeit. In Rechenzentren, Unternehmensstandorten oder Industrieanlagen ist die Effizienz im Netzwerkschrank zur strategischen Frage geworden. Nicht selten liegt hier verstecktes Potenzial, das über Performance, Ausfallsicherheit – und letztlich Betriebskosten entscheidet. Doch welche Technologien lohnen sich wirklich? Welche Lösungen zahlen sich langfristig aus? Und wo ist es Zeit, über klassische Verkabelung oder veraltete Komponenten hinauszudenken?


Verkabelung ist nicht gleich Verkabelung

Bei vielen Projekten wird am Anfang gespart – bei Patchfeldern, Kabeln oder Anschlusstechnik. Das rächt sich später, wenn Skalierung, Bandbreite oder Wartung zur täglichen Herausforderung werden.

Während Switche und Server regelmäßig ersetzt oder aufgerüstet werden, bleibt die passive Infrastruktur oft über Jahre unverändert – und entscheidet dennoch darüber, wie flexibel und stabil ein Netzwerk arbeitet.

Moderne Anforderungen wie 100 Gbit/s, erhöhte Packungsdichte oder strukturierte Cross-Connects benötigen Verkabelungssysteme, die über den Standard hinausgehen.

Mehr Performance mit weniger Platz: MTP als Schlüsseltechnologie

Ein Beispiel für solche fortschrittliche Technik ist MTP, die optimierte Variante des MPO-Mehrfasersteckers. Sie eignet sich besonders für Umgebungen mit:

  • hoher Portdichte (z. B. Spine-Leaf-Architekturen)

  • hohem Bandbreitenbedarf (z. B. 100G / 400G)

  • modularen Verkabelungssystemen (z. B. vorkonfektionierte Trunks und Cassetten)

Der Vorteil: Bis zu 24 Glasfasern lassen sich über einen einzigen MTP-Stecker führen. Das reduziert den Platzbedarf deutlich, minimiert Fehlerquellen beim Patchen und ermöglicht kürzere Installationszeiten.

Typischer Vergleich:

Kriterium LC-Duplex-Verbindung MTP-Verbindung
Steckertyp 1 Faserpaar 12–24 Fasern pro Stecker
Platzbedarf im Panel Hoch Gering
Montageaufwand Hoch (Einzelanschlüsse) Gering (vorkonfektioniert)
Datenrate (OM4, Multimode) Bis 10 Gbit/s je Faserpaar Bis 100 Gbit/s auf mehreren Fasern

Gerade in Neubauten, Rechenzentren oder bei Modernisierungen bietet MTP eine zukunftssichere Grundlage, ohne ständige Umbauten nötig zu machen.

Weitere Schlüsseltechnologien im Netzwerkschrank

MTP ist nicht die einzige Technologie, die Netzwerkschränke smarter macht. Weitere Innovationen zahlen sich aus, wenn es um Geschwindigkeit, Ordnung und Wartungsfreundlichkeit geht:

1. Intelligente Patchkabel mit LED-Tracking

Patchkabel mit integrierten LEDs und QR-Codes helfen beim Tracing in komplexen Umgebungen. Besonders hilfreich bei häufigem Umpatchen oder bei Fehleranalysen.

2. Patch-Management-Software

Digitales Dokumentieren von Verbindungen, Ports und Geräten spart Zeit bei Wartung und minimiert Fehlkonfigurationen. Oft kombinierbar mit RFID-Tracking.

3. Modular aufgebaute Serverschränke

Schränke mit variablem Zubehör wie Kabeltrassen, Lüftungseinheiten oder Power Distribution Units (PDUs) erhöhen die Flexibilität im Ausbau – und senken Kühlkosten.

4. Vorkonfektionierte Verkabelungssysteme

Zeitersparnis bei Installation, klar strukturierte Trassenführung und weniger Montagefehler. Ideal für Projekte mit engem Zeitplan oder hoher Dichte.

IT-Techniker arbeitet mit Laptop an MTP-Verbindungen im Netzwerkschrank eines Rechenzentrums, Kontrolle der Infrastruktur in Echtzeit


Fallbeispiel: High-Density im mittelständischen Rechenzentrum

Ein baden-württembergischer Mittelständler aus dem Automobilzulieferbereich stand 2025 vor einer infrastrukturellen Herausforderung:
Die Zahl der produktionsnahen IT-Systeme war durch Digitalisierungsinitiativen stark gewachsen. Gleichzeitig stieß das bestehende Rechenzentrum mit seiner klassischen LC-Verkabelung und begrenztem Platzangebot an seine Grenzen.

Ausgangslage

  • Die zentrale IT-Infrastruktur war über Jahre gewachsen – unkoordiniert, aber funktional.

  • Ein neues, redundantes Core-Netz mit 100G-Verbindungen zwischen Rechenzentrums- und Produktionsbereich war geplant.

  • Die bestehenden Patchfelder waren bereits stark belegt, zusätzliche Duplexverbindungen hätten massive Umbaumaßnahmen erfordert.

  • Die IT-Abteilung suchte eine Lösung, die sowohl kompakt, skalierbar als auch schnell umsetzbar war – ohne komplette Downtime.

Entscheidung für MTP

Nach Beratung durch einen externen Netzwerkspezialisten fiel die Wahl auf MTP-Trunkverkabelung. Entscheidend war die Kombination aus:

  • Hoher Packungsdichte: 12 bzw. 24 Fasern pro Stecker

  • Modularität: Einsatz von Patch-Cassetten für einfache Verteilung

  • Vorkonfektionierung: Werkseitig getestete Trunks, reduzierte Montagezeit

  • Zukunftsfähigkeit: einfache Migration auf 400G möglich

Umsetzung

  • Zwei neue 42-HE-Racks wurden für den Core-Bereich installiert.

  • MTP-Trunkkabel mit 24 Fasern wurden zwischen den Hauptverteilern und Aggregation-Switchen eingezogen.

  • Die Trunks endeten in modularen Cassetten mit LC-Breakouts, sodass vorhandene 10G-Ports weiterhin genutzt werden konnten.

  • Innerhalb von zwei Tagen war das Grundsystem betriebsbereit – inkl. Dokumentation und Labeling.

Vorteile in der Praxis

  • Platzersparnis im Patchfeld: ca. 60 % gegenüber der alten Lösung

  • Schnelle Skalierung möglich – jede neue Verbindung in unter 10 Minuten patchbar

  • Kürzere Downtimes bei Umbauten durch klar getrennte Segmente

  • Weniger Fehler beim Patchen durch eindeutige Kodierung der Trunks

Der IT-Leiter beschreibt den Effekt so:

„Früher war es ein Risiko, im laufenden Betrieb zu patchen. Heute ist es Routine. Wir sehen sofort, was wohin führt – und gewinnen Zeit bei jeder Erweiterung.“


Migration statt Neubau: MTP im Bestandsnetz

MTP lässt sich problemlos in bestehende Netzstrukturen integrieren – ohne dass gleich alles neu aufgebaut werden muss. Gerade bei gewachsenen IT-Umgebungen mit LC-Verkabelung bietet MTP die Möglichkeit, hochperformante Verbindungen schrittweise einzuführen.

Über sogenannte Breakout-Cassetten oder Hybridkabel lässt sich MTP direkt mit LC-Ports verbinden. Neue Backbones oder 100G-Strecken laufen dann parallel zur alten Infrastruktur – sauber getrennt, aber technisch kompatibel.

Für Unternehmen bedeutet das: keine Ausfallzeiten, kein radikaler Umbau, aber ein klarer Weg in Richtung zukunftssicherer Netzstruktur.

Detailaufnahme von MTP-Mehrfasersteckern in High-Speed-Glasfaserverkabelung, geeignet fuer Rechenzentren mit 100G-Verbindungen

Worauf es bei der Auswahl wirklich ankommt

Nicht jede Umgebung braucht 100G-Backbones oder Hochverfügbarkeit. Aber die Wahl der passenden Technologie entscheidet, ob die Infrastruktur mitwachsen kann – oder irgendwann zum Flaschenhals wird.

Checkliste für zukunftssichere Verkabelung:

To-Do Warum das zählt
Datenraten-Anforderungen klären 1 Gbit? 10G? 100G? Zukunft mitdenken
Platz im Netzwerkschrank bewerten Je dichter, desto mehr Effizienz zählt
Modulare Systeme bevorzugen Umbau ohne Ausfallzeiten
Vorkonfektionierung prüfen Zeit und Fehler sparen
Dokumentation & Markierung planen Wartung erleichtern, Fehler vermeiden

Technik, die mitwächst

Ein effizienter Netzwerkschrank ist mehr als Kabel und Patchfelder – er ist das Rückgrat jeder stabilen IT-Infrastruktur. Technologien wie MTP, modulare Schranklösungen oder intelligente Verkabelungssysteme bieten nicht nur mehr Leistung, sondern sparen auch langfristig Zeit und Geld.

Wer heute in saubere, flexible Strukturen investiert, schafft den Spielraum für morgen – und legt den Grundstein für ein Netz, das mitwächst.

Bildnachweis:

Von Baddor